Bericht zur Teilnahme des IDB-Teams „Die Knochenschlosser“ am Pre TT Classic Race 2018, Billown Circuit, Castletown, Isle of Man

Der Teamname ist so auffällig wie bezeichnend: Die Knochenschlosser. Fahrer Albert Kröpfl erfüllte sich dieses Jahr einen Lebens-Traum. Zusammen mit seinem Team brachte er sein historisches BMW-Gespann beim Pre TT Classic Race auf der Isle of Man an den Start.

Das Team trägt den Namen „Die Knochenschlosser“. Der Grund ist einfach. Alle Mitglieder arbeiten in einem Krankenhaus, und zwar der Klinik Diakonissen Schladming in der Steiermark in Österreich. Schladming ist eine vielbesuchte Touristenregion in Österreich mit vielen sportlichen Möglichkeiten, demgemäß gibt es eine Vielzahl an Sportverletzungen Winter wie Sommer zu versorgen und daraus leitet sich der Team-Name ab.

Team-Leader ist Albert Kröpfl, Jahrgang 1956, Unfallchirurg, Fahrer des Gespanns. Verena Arzberger, geb. 1981, Unfallchirurgin und Notärztin, ist Passagier im Beiwagen. Theresa Kamelander, geb. 1975, Orthopädin, zweiter Passagier. Johannes Penatzer, geb. 1987, Medizintechniker, ist ebenfalls als Passagier dabei, und Gerhard Hierzer, geb. 1976, Inhaber einer Zerspanungsfirma, ist ein brillanter Seitenwagen-Techniker. Und mit dabei war auch eine Gruppe von Fans, darunter Heather Mills aus Großbritannien und Klaus Klaffenböck, der ehemalige österreichische Gespann-Weltmeister und dreimalige TT-Sieger!

Albert Kröpfl: "Seit meiner Jugend faszinieren mich die Seitenwagen, vor allem die BMWs von Enders/Engelhard, Schauzu/Kalauch oder Luthringshauser und anderen Rennfahrern aus Deutschland in den 70er Jahren. 2012 hörte ich von einem historischen BMW-Kneeler-Gespann mit einer berühmten Geschichte. Nach einigen Verhandlungen habe ich es gekauft. Und das Witzige war: Bis zu diesem Tag bin ich noch nie in meinem Leben Gespann gefahren! Das Chassis dieses speziellen Fahrzeugs wurde 1967 von dem berühmten und brillianten Schweizer Seitenwagenbauer Rudi Kurth gebaut, der selbst in den späten 60er und 70er Jahren an der Weltmeisterschaft teilnahm. Sein Passagier war die bildhübsche Dane Rowe aus England, die er später heiratete. Sie leben heute in der Schweiz.
Nach mehreren Gespanntrainings nahmen wir 2013 an der Wolfgangsee-Classic in Österreich teil und erreichten auf Anhieb den zweiten Platz. Letztes Jahr 2017 haben wir die Rennserie des Internationalen Deutschen Bergpreises in der Regularity Klasse gewonnen. Und wir haben an verschiedenen Rennen in Deutschland und Österreich, darunter dem Oldtimer-GP in Schwanenstadt und dem Rupert-Hollaus-Gedächtnisrennen am Red-Bull-Ring teilgenommen. Bis zur TT hatte ich also viele historische Rennen absolviert. Ja, das Historische Gaisbergrennen in Salzburg haben wir 2017 auch in der Motorradklasse gewonnen.

Im Jahr 2011 hatte ich die Isle of Man mit meinem Solo-Motorrad besucht. Dort sah ich auch das Pre TT Classic Race in Castletown. Ich war total fasziniert von der Atmosphäre. Und ich stellte mir einen neuen Lebenstraum zusammen: Mit einem BMW-Gespann dort zu fahren. Also kaufte ich 2012 das angebotene Gespann. 2017 entschieden wir uns, an dem Pre TT Classic Race 2018 teilzunehmen, das dann zum 30. Mal stattfinden sollte, somit auch ein sehr schönes rundes Jubileum dieser berühmten Veranstaltung. So begann unser TT-Projekt bereits im Sommer 2017 mit der Planung, der Buchung der Fähren und des Campingplatzes, ohne zu wissen, ob unsere Nennung überhaupt angenommen werden wird! Die Freude war unbeschreiblich, als unsere Nennung vom Southern100 Racing Club im April 2018 bestätigt wurde. Alles nahm dann seinen Lauf. Für die Manx-Fotografin Kirsten Harrison hatten wir einen Zeitplan für Interviews, Actionaufnahmen sowie Bilder im Fahrerlager erarbeitet! Ausrüstung und Ersatzteile wurden zusammen gestellt.

Die Isle of Man, der TT, die Menschen und das Rennen selbst waren eine einzigartige Erfahrung für uns. Die Reise selbst gestaltete sich absolut problemlos, der Campingplatz des Castletown Football-Clubs, direkt an der Rennstrecke gelegen, war für unser Basislager bestens geeignet und wir erlebten 14 Tage Sonnenschein, eine Seltenheit auf der Isle of Man! Die Anmeldung zum Rennen vor Ort und der Check unserer Lederbekleidung verlief komplett problemlos, und nach der Absolvierung des Fahrerbriefings und der Newcomer Einweisung an der Rennstrecke konnten wir an den beiden Qualifikationstrainings zu je 4 Runden teilnehmen. Dabei muß man innerhalb 130% der Zeiten der ersten drei bestplatzierten Gespanne liegen, um an den anschließenden 3 Rennläufen teilnehmen zu dürfen. Für Training und Rennen waren vom Veranstalter insgesamt 3 Tage vorgesehen. Vor jedem einzelnen Trainings- und Rennlauf muß jedes Gespann ein penibles und zeitaufwendiges Technical Scruteneering durchlaufen, wo die Maschine mit abmontierter Vekleidung von je 2 technischen Kommissaren genaustens überprüft wird, speziell wird dabei auch auf Risse am Rahmen gefahndet. Erst nach Freigabe durch die beiden technischen Fachleute darf man am jeweiligen Trainings-oder Rennlauf teilnehmen. Eine Sicherheitsmaßnahme, die sich wegen des schnellen und vor allem auch mit sehr vielen Bodenunebenheiten charakterisierten Rundkurses sehr bewährt.
Es waren 26 Renngespanne gemeldet, von denen jedoch nur unseres und zwei alte englische Triumph-Gespanne als historisch bezeichnet werden konnten! Alle anderen Renngespanne hatten modernste neu angefertigte Rahmen und Fahrwerke, ultramoderne Formel 1-Stoßdämpfer, Scheibenbremsen an allen drei Rädern und hochgezüchtetste Motoren. Die meisten der gemeldeten BMW-Gespanne hatten 1070 ccm-Motoren mit modernster Titan-Technik! Einzig die Silhouette der Kunsstoff-Verkleidungen erinnerten bei diesen Gespannen an historische Rennfahrzeuge. Somit war für uns klar, das wir uns mit unserem Gespann mit alter konventioneller Fahrwerkstechnik, Trommelbremsen und nur 500 ccm wohl kaum qualifizieren können. Was dann auch nach den beiden Trainingsläufen der Fall war. Aber ich hatte mir meine Geschichte schon zurechtgelegt: Gleich nach Beendigung des zweiten Trainingslaufes sprachen meine Beifahrerin Verena und ich beim Clerk of the Course (Rennleiter) vor! Wir erklärten ihm, daß wir von allen Teilnehmern die weiteste Anreise hatten, dass unser Motorrad ein echtes klassisches Renngerät aus dem Jahr 1967 mit periodischer unveränderter Technik im Gegensatz zu den anderen hypermodernen „klassischen“ Gespannen ist, unser Gespann nur 500 ccm, wie damals bei den Seitenwagen-GP’s zugelassen, aufweist, wir dafür aber ein Riesen-Kämpferherz haben. Ergebnis: Wir durften bei den Rennläufen starten!
Und das war schlußendlich schon ein absolutes Hochgefühl, wenn das Starterfeld dann an der Rennstrecke mit donnernden Motoren beim grünen Startlicht das Rennen aufnimmt.

Mit dem historischen BMW-Renngespann zwischen alten Häusern durchzubollern, von deren Wänden schon der Auspuffsound vieler Sieger- und Verlierermaschinen hallte, Bordsteine, Alleebäume, steinerne Zäune ohne jedweige Sicherung, ja sogar im Streckenabschnitt Church Bends mitten durch einen Friedhof und der Billown Circuit überhaupt entführen uns in den Traum der TT-Seitenwagenrennen. Die Faszination kann man nicht mit Worten beschreiben.
Es ist ein Gefühl, von dem hofft, dass es nie aufhört. Und am Ende bei der Siegerehrung am Stadtplatz von Castletown die begehrte Finisher-Medaille zu erhalten, das war schon ein Schweben über den Wolken!
Ja ich gestehe: Noch heute stehen wir unter dem Einfluss dieses außergewöhnlichen TT-Gefühls."

Bilder courtesy of:

Kirsten Harrison
Graham Ellis
Albert Kröpfl

Artikel erstellt von Martin Franitza (Sidecar Traveller) und Albert Kröpfl